Meine Intention war es, eine kontinuierliche Steigerung in mehreren Stufen, vom Weltlichen zum Sakralen hin zu entwerfen: Straße, Vorplatz und Markt, öffentlich in ihrer Funktion, bereiten vor, lassen die Entscheidung offen, zwingen zu nichts. Da der Besucher erst einen Höhenunterschied von 4.00m nach unten überwinden muss, erschien erschien es mir unumgänglich, das Bauwerk in Ebenen, vertikal pläne aller ebenen geschichtet, aufzubauen und zu heben.
Formal befinde ich mich in guter Gesellschaft in der Weise, als auch Mimar Hodscha Sinan bei seiner Selimiye Camii (erbaut 1567-1574) in Edirne den gedeckten Markt (Kapali Carsi) unter die Moschee stellte, um so den weltlich dienenden Unterbau für den darüberliegenden heiligen Bezirk (haram) zu bilden. Aus diesem Grunde habe ich auf Geländeniveau nur dienende Einrichtungen konzipiert.
Da Reinheit beim Gebet zwingend für den gläubigen Moslem ist, hielt ich die Einrichtung eines Hamam für zweckdienlich. Die Bedeutung dieser Prämisse liegt also in der nächsten Stufe hin zur Sakralität. Es ist allerdings nicht zwingend vorgeschrieben das hamam zu besuchen. Um trotzdem die Möglichkeit zu schaffen, sich, dem Ritus folgend, witterungsunabhängig, zu waschen, habe ich in der Mescit einen Ablutionsbrunnen (schadirwan) situiert (siehe nächstes Bild).
Ein schönes Beispiel eines schadirwan im Inneren der Moschee ist in der Ulu Camii in Bursa (osmanisch: Ende 14., Anfang 15. Jhdt.; Murat I., Beyazit I.) zu bewundern.
Der End- und Schlusspunkt, das Wesentliche jeder Moschee, jeder Mescit ist die Quibla - Wand, jene Wand also, die dem Gläubigen die heilige Richtung anzeigt. Die von mir gestaltete Wand, zwei Geschosse hoch, in ihrer Funktionalität mehrfach besetzt, verklammert erstens die beiden Ebenen, die untere mit ihren vielfältigen Aufgaben und die obere, den heiligen Bezirk (haram). Zweitens schirmt sie das Innere gegen aussen ab.
Drittens ermöglicht sie in Union mit dem kubischen Baukörper der Freitagsmoschee die Bildung des mihrab und viertens trägt sie den mimbar (siehe nächstesBild), von dessen zweiter Stufe, die erste und höchste ist dem Propheten vorbehalten, der Imam seine Ansprache hält.
Im Kultraum selbst zeichnen, hervorgerufen durch die Verschneidungen der Wände mit der horizontalen Ebene des Bodens, Lichtstreifen ein Dreieck, das die Mekkarichtung, selbstverständlich analog zur Qibla-Wand, anzeigt. Kantenparallel, also auch in der Form des Triangels gibt eine Bodenöffnung den Blick auf den Schadirwan im Erdgeschoß frei. Durch diese Anordnung kann das von oben kommende Licht bis in die Mescit fallen.
Obzwar zwei Kulträume, bestimmungsdifferent, unten für das persönliche, individuelle Gebet
gedacht, den Brunnen integriert, aber oben der gemeinschaftliche Charakter, dem Freitagsgebet gewidmet, können doch beide gemeinsam dienen. So wie es bei Moscheen in großen Städten usus ist, das den Betenden im Vorhof die Ansprache des Imams übertragen wird, ist es hier möglich nicht nur in der Mescit sondern auch von den drei Galerien - mit Treppen und Liften vertikal erschlossen - den Ausführungen des Imams zu folgen.
Es gilt noch, ein für Orientalen unbedingt Notwendiges zu erwähnen, den Teppich. Traditionell verwendete der Stifter einer Moschee seinen Ehrgeiz darauf, dieser besonders schöne und wertvolle Stücke zu überantworten. Außerdem ist es die Pflicht jedes Gläubigen, (siehe die vierte Säule des Islam) im Rahmen seiner Möglichkeiten, unter anderem auch Teppiche zu spenden. Vor allem ist die Moscheeverwaltung auf diese Votivgaben angewiesen, fehlt doch der institutionelle überbau im Islam völlig.
Ich kann mir bei meinem Projekt keine industriell hergestellten Teppiche vorstellen. Eine Vielzahl von handgeknüpften, kleinen Gebetsteppichen, nicht genau symmetrisch, würden ein kunterbuntes, vielfarbiges, kleinteiliges Bild, am Boden ausgebreitet, ergeben und den amorphen, (Fuß-) warmen, menschlichen Gegenpart zur strengen Geometrie und Kühle des Gebäudes bilden.
Der weiterführende Weg entlang der Hauptachse, er bereitet auf das Kommende vor, mündet nun in einen Vorplatz. Hier kreuzt sich die Hauptachse unsichtbar mit der Querachse. Aber Lichtschächte, die den Weg in die Mescit, ein Geschoss tiefer, auf Geländeniveau, belichten und weisen sollen, zeigen auch hier die Richtung.
Sieben Tore sind von diesem Platz aus hindernislos zu erreichen, nämlich die beiden Tore in die Stiegenhäuser auf der Querachse, die Tore in die seitlich angeordneten
Moscheegärten und die beiden, der Geschlechtertrennung folgend,zugeordneten Nebeneingänge in das Haus Allahs.
Monumental der Haupteingang, in seiner Größe Ehrfurcht gebietend, aber doch mit Aufforderungscharakter, leitet er ins Innere. Hier im Vorraum der großen Moschee ist die vorletzte Stufe der Sakralität erreicht.
Am Weg von der Freitreppe zur Freitagsmoschee lässt der Gläubige das Weltliche hinter sich und befindet sich im sahn, im Vorhof der Moschee. In aller Regel, Vorbild war ja das Haus Mohammeds, ist der Vorhof an mindestens drei Seiten von Säulenstellungen eingesäumt, die eine überdachung, riwaq, zum Schutz vor der Sonne, in unseren Breiten wohl eher Schutz vor dem Regen, tragen. Der Weg auf der Hauptachse teilt den Hof in zwei Bereiche.
Der linke Teil steht für das Trockene, Reduzierte, Besinnliche, Transzendente, jedes Entbehrliche weglassend, die Wüste; dem Entstehungsort des Islam, wie auch der beiden anderen großen monotheistischen Weltreligionen. Der rechte Teil steht für den "Garten Eden" und für Wasser, dem Ursprung allen Lebens, deshalb steht hier der überdachte, mit 12 "Quellen" ausgestattete Ablutionsbrunnen - mit Sitzgelegenheiten, um zu verweilen, zu trinken oder sich eben im rituellen Sinne zu waschen.
Der einfache Kubus, erdverbunden, überwölbt mit einer Halbkugel, mit dem Himmel assoziert, stellt die abstrahierte Form des islamische Sakralbaues dar. Die Form der Halbkugel, mit der Absicht einen Raum zu überdecken, wurde mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zur statischen Notwendigkeit. Erst die modernen Mittel des Stahlbetons, Stahlbau oder Stahlskelettbau versetzen den Planer in die Lage über neue Formen der Raumbildung nachzudenken.
Auch: jenes Zentrum, auf das sich die Aufmerksamkeit aller Moslems richtet - die Kaaba in Mekka - manifestiert sich durch einen Kubus. Durch Drehung einer Raumdiagonale in die Vertikale ergibt sich die Gestaltung und Ausformung des mihrab. Die vertikalgerichtete Raumdiagonale wird am unteren Endpunkt vom Schadirwan gesetzt, in der Form eines wassergefüllten Tetraeders, den oberen End- bzw. Eckpunkt setzt ein rudimentärer Kuppelrest in der gleichen Form, mit Licht gefüllt.
Die im unteren linken Bildeck sichtbare Gasse eröffnet eine zweite Möglichkeit sich dem Standort zu Fuß zu nähern. Hier befindet sich auf Geländeniveau die Bibliothek, deren Eingang in weiterer Folge für Körperbehinderte einen barrierenfreien Zugang zur Mescit schafft. Ein paar Schritte weiter, durch Weggestaltung optisch geführt, erreicht man zweitens, das Stiegenhaus über das man, allerdings entlang der Querachse, in den haram gelangt.
Drittens, folgt der Gläubige dem vorgegebenen "Weg der Besinnung", ragen an seinem Endpunkt fünf Minarette auf, hier nicht mehr im Bild (siehe auch die überblicksbilder). Die Minarette sind in dieser Form Ausdruck einer völlig neuen Exegese. Jedes Minarett steht für eine "Säule des Islam" bzw. eine der fünf Hauptpflichten des Gläubigen - als erste die schahada, gefolgt von namaz, dem ramadan, dem zakat, und dem haddsch. Die drei Einschnürungen, formal ein Tribut an die Tradition, symbolisieren die drei Galerien.